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Friedenspreis 1993

Friedrich Schorlemmer

Der Stiftungsrat hat den deutschen Bürgerrechtler und Pfarrer Friedrich Schorlemmer zum Träger des Preises gewählt. Die Verleihung fand während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 10. Oktober 1993, in der Paulskirche statt. Die Laudatio hielt Bundespräsident Richard von Weizsäcker.

Begründung der Jury

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein 1993 Friedrich Schorlemmer und ehrt damit einen aufrechten und couragierten Mann, der durch seine Worte und Taten seinen Mitmenschen den Glauben an die eigene Kraft wiedergab und sich mit ihnen Gewalt und Unterdrückung entgegenstellte.


Friedrich Schorlemmer hat integer in der DDR gelebt und in dieser Zeit Zivilcourage und unerschütterlichen Mut bewiesen. Um ihn haben sich Menschen zusammengefunden, die mit ihm inneren und äußeren Frieden leben und weitergeben wollten und wollen; als deren Stellvertreter sieht er sich, und in ihrem Sinne leistet er seine engagierte Arbeit. Er kämpft für die Beseitigung neuer innerer Mauern mit einer Sprache, die von Versöhnungsbereitschaft getragen ist und die von Menschen in Ost und West gleichermaßen verstanden wird.

Friedrich Schorlemmer wird damit und durch seine grenzenlose Friedensarbeit zu einem Vorbild für die Menschen in Deutschland und in der Welt.

Reden

Gerhard Kurtze
Grußwort des Vorstehers

Wie kaum ein anderer fragt Friedrich Schorlemmer in Predigten, Reden und Schriften nach der Wahrheit von Teilung und Einheit, von Opfern und Lasten, von Wunden und ihrer Heilung. Er, der so viel dazu beigetragen hatte, das geistige Band zwischen beiden Teilen Deutschlands nicht reißen zu lassen, er spricht es aus, daß wir über die Idee des neuen vereinigten Deutschland zu wenig vor- und nachgedacht haben. Er mahnt uns, daß wir mit den Grautönen leben müssen, auch mit den eigenen, und daß wir uns dies auch zutrauen können.

Richard von Weizsäcker - Laudatio auf Friedrich Schorlemmer
Richard von Weizsäcker
Laudatio

Wir setzten wieder alles aufs Spiel, wenn wir dem Geist, der Logik und der Praxis der Abschottung nicht widerstehen. Die Öffnung zueinander schließt Respektierung unterschiedlicher Identitäten nicht aus, sondern gerade ein. Integration kann ohne Verwischung der Unterschiede und Interessenlagen gelingen. Gerade der Schutz der Fremden und der Minderheiten gehört zu den immer wieder gefährdeten menschlichen Kulturleistungen.

Friedrich Schorlemmer - Dankesrede
Friedrich Schorlemmer
Dankesrede des Preisträgers

Chronik des Jahres 1993

+++ Drei Wochen vor der Vereidigung des neuen US-Präsidenten Bill Clinton unterzeichnen der russische Präsident Jelzin und US-Präsident Bush am 3. Januar 1993 das Start-II-Abkommen. +++ Im März gibt die russische Regierung bekannt, dass die frühere Sowjetunion zwischen 1964 und 1991 rund 4900 Atomcontainer und 16 Atom-U-Boote im Nordmeer versenkt hat. +++ Bei einem Bombenanschlag am 26. Februar auf das World Trade Center in New York finden sechs Menschen den Tod. Vermutliche Drahtzieher des Attentats sind islamische Fundamentalisten. +++


Ende März unterzeichnen der bosnische Präsident Izetbegoviæ und der Kroatenführer Boban den Friedensplan der UNO. Der bosnische Serbenführer Karadzic verweigert seine Zustimmung. +++ Im April beginnen die AWACS-Flugzeuge der NATO mit der Überwachung des bosnischen Luftraums. An den Aufklärungsflügen beteiligen sich auch 162 Angehörige der Bundeswehr. Es ist der erste Kampfeinsatz deutscher Soldaten seit Ende des Zweiten Weltkriegs. +++ Bei einer Verhaftungsaktion des Bundesgrenzschutzes werden am 27. Juni auf dem Bahnhof der mecklenburgischen Kleinstadt Bad Kleinen das mutmaßliche RAF-Mitglied Wolfgang Grams und ein Beamter der Bundesgrenzschutztruppe GSG 9 erschossen. Die ungeklärten Umstände des umstrittenen Einsatzes lösen eine politische Krise aus. +++ Am 18. November einigt sich eine Konferenz mit Vertretern von 21 Gruppierungen in Kapstadt auf eine neue Verfassung, die allen Bürgern Südafrikas, ungeachtet ihrer Hautfarbe, die gleichen Rechte einräumt. Vier Wochen später werden Nelson Mandela und Willem de Klerk mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. +++

Biographie Friedrich Schorlemmer

Friedrich Schorlemmer, geboren am 16. Mai 1944 in Wittenberge als Sohn eines Pfarrers, verweigert als bekennender Pazifist den Wehrdienst und studiert nach dem Abitur an einer Volkshochschule Theologie. 1968 wird er Vikar in Halle und 1970 als Pfarrer ordiniert. Nach seiner Tätigkeit als Studentenpfarrer in Merseburg wird er 1978 Dozent am Evangelischen Predigerseminar sowie Pfarrer in Wittenberg.


Seit den 80er Jahren wird Schorlemmer von der Staatssicherheit der DDR observiert. 1983 lässt er mit seiner Friedensgruppe ein Schwert zu einer Pflugschar umschmieden. 1988 legt er auf dem Evangelischen Kirchentag in Halle die regimekritischen »20 Wittenberger Thesen« vor. Im September 1989 tritt die von ihm mitbegründete Bürgerbewegung »Demokratischer Aufbruch« an die Öffentlichkeit, die zusammen mit dem »Neuen Forum« die Basis für die friedliche Revolution 1989 in der DDR legt.

Als Befürworter eines demokratischen, ökologisch verantwortlichen Sozialismus verlässt Schorlemmer 1990 die nach rechts driftende Bürgerbewegung und schließt sich der DDR-SPD an. Nach der Wiedervereinigung mischt er sich engagiert in die politische Diskussion ein und versucht mitzuhelfen, dass Ost- und Westdeutschland auch innerlich zusammenwachsen.

Friedrich Schorlemmer lebt in Wittenberg.

 

Auszeichnungen

2015 Ehrenbürger der Lutherstadt Wittenberg
2014 Verdienstorden des Landes Sachsen-Anhalt
2014 Goldene Medaille der Humboldt-Gesellschaft


2009 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
1993 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
1989 Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte

Bibliographie

Luther. Leben und Wirkung

Aufbau Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-7466-3281-0, Broschur, 380 Seiten Aufbau Taschenbuch, 12.99 EUR

Klar sehen und doch hoffen. Mein politisches Leben

Aufbau Verlag, Berlin 2012, ISBN 9783351027506, Gebunden, 523 Seiten, 22.99 EUR

In der Freiheit bestehen. Ansprachen

Aufbau Verlag, Berlin 2004, Broschur, 271 Seiten, ISBN 978-3-7466-7045-4, 7.50 EUR

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Sebastião Salgado. Photo Pocket

Fotografien von Sebastião Salgado, mit einer Einführung von Christian Caujolle Edition Braus im Wachter Verlag, Heidelberg 2006, 62 Blatt, kartoniert, ISBN 978-3-89904-238-2, € 12,90 / CHF 22,60 (UVP)

Fotos für die Pressefreiheit

Herausgegeben von Reporter ohne Grenzen / LebensWandel mit Fotografien von Volker Krämer, Jan von Banning, Sebastião Salgado, James Nachtwey, Manuel Bauer, Caroline Groszer und H. J. Burkard, Bearbeitung von Barbara Petersen TAZ, Berlin 2000, 100 Seiten, kartoniert, ISBN 978-3-9806917-0-3; €[D] 10,00 / €[A] 10,30 / CHF 19,20 (UVP)