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Friedenspreis 1985

Teddy Kollek

Der Stiftungsrat hat den Bürgermeister der Stadt Jerusalem Teddy Kollek zum Träger des Friedenspreises 1985 gewählt. Die Verleihung fand während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 13. Oktober 1985, in der Paulskirche statt. Die Laudatio hielt Manfred Rommel.

Begründung der Jury

Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahre 1985 Teddy Kollek, dem Bürgermeister von Jerusalem, der Stadt im Brennpunkt dreier großer Weltreligionen.
Aus Menschlichkeit und Treue zum eigenen Volk erwächst ihm die Achtung für andere, und so hat er Jerusalem in den zwanzig Jahren seines Wirkens zu einem Beispiel der Toleranz gemacht.


Durch sein engagiertes Eintreten für das Miteinander verschiedener Völker und Religionsgemeinschaften hat er Israelis und Arabern einen Weg in eine gemeinsam zu gestaltende Zukunft gewiesen. Damit setzt Teddy Kollek sichtbare Zeichen irdischer Friedenshoffnung.

Preisverleihung

Reden

Günther Christiansen
Grußwort des Vorstehers

Das Außergewöhnliche der Politik Bürgermeister Kolleks in Jerusalem ist, daß sie aus einer Fülle vertrauensbildender Maßnahmen besteht, aus dem nachhaltigen Einsatz für die wirklichen Interessen des Bürgers, gleich ob Jude, Araber oder Christ und daß dieses Engagement offensichtlich nicht durch ein langfristiges politisches Kalkül motiviert ist, sondern daß es auf der Grundüberzeugung des Jerusalemer Bürgermeisters beruht, wie man mit Menschen umgehen sollte.

Manfred Rommel - Laudatio auf Teddy Kollek
Manfred Rommel
Laudatio

Der Glaube an die Werte des Humanismus muß in einer Zeit wachsender Anarchie auf der Welt mehr denn je gefestigt werden. ›Liebe deinen Nächsten als deinesgleichen‹ – und der Nächste ist jeder Mensch, ungeachtet seiner Rasse, Hautfarbe, Religion oder Volkszugehörigkeit. Die Menschlichkeit ist nach dem Glauben des Judentums nicht teilbar.

Teddy Kollek - Dankesrede
Teddy Kollek
Dankesrede des Preisträgers

Chronik des Jahres 1985

+++ Das Jahr 1985 beginnt in der Bundesrepublik mit dem Start des ersten privaten Fernsehprogramms »sat 1«, das sich ausschließlich aus Werbung finanziert. Am Ende des Jahres beginnt die TV-Serie Lindenstraße, die heute (nach mehr als 1240 Sendungen) noch immer läuft. +++ Der Iran greift im März die irakische Provinzhauptstadt Basra an, worauf der Irak mit dem Beschuss iranischer Städte beginnt: Der Erste Golfkrieg verschärft sich. +++ Im gleichen Monat entscheidet sich das ZK der KPdSU für den 54-jährigen Michail Gorbatschow als neuen Generalsekretär. Der als Reformer geltende Gorbatschow kündigt in seiner Antrittsrede tiefgreifende Wirtschaftsreformen an. +++


In Stuttgart-Stammheim werden Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt im April wegen ihrer Mitgliedschaft in der RAF und ihrer Beteiligung an mehreren Morden und Mordversuchen zu lebenslanger Haft verurteilt. +++ Der Bundestag billigt das Gesetz gegen die sogenannte Auschwitz-Lüge, wonach die Leugnung von NS-Gewalttaten künftig von Amts wegen als Beleidigung verfolgt wird. +++ Bundespräsident Richard von Weizsäcker hält im Mai eine auch international viel beachtete Gedenkrede anlässlich des 40. Jahrestags der deutschen Kapitulation. +++ Beim Endspiel des Fußball-Europacups zwischen FC Liverpool und Juventus Turin kommen Ende Mai 39 Menschen ums Leben, als randalierende englische Hooligans eine Massenpanik auslösen. +++ Im Juli wird im neuseeländischen Hafen Auckland ein Schiff der Umweltorganisation Greenpeace versenkt, das sich auf dem Weg zum Mururoa-Atoll befand, um gegen französische Atombomben-versuche zu demonstrieren. Ein Fotograf kommt dabei ums Leben. +++ Nach mehrwöchigen Koalitionsverhandlungen kommt es im Oktober in Hessen zu einer Einigung zwischen SPD und Grünen. Joschka Fischer wird – in Turnschuhen – als hessischer Minister für Umwelt und Energie vereidigt. +++ Im November gibt der Intendant der Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main dem Druck der Öffentlichkeit nach und setzt das Stück "Der Müll, die Stadt und der Tod" von Rainer Werner Fassbinder wegen des Vorwurfs des Antisemitismus ab. +++

Biographie Teddy Kollek

Teddy Kollek, geboren am 27. Mai 1911 in Nagyvaszony / Ungarn und in Wien aufgewachsen, engagiert sich schon als Elfjähriger in der zionistischen Jugendbewegung »T’Khelet-Lavan«. Durch eine landwirtschaftliche Ausbildung bereitet er sich früh auf die Auswanderung nach Palästina vor, für die die Familie 1935 die notwendigen Papiere erhält.


Ab 1938 arbeitet Kollek in der Organisation »He-Haluz« und organisiert von London aus Rettungsaktionen für Juden in Europa. 1939 gelingt es ihm, bei Adolf Eichmann die Freilassung von 3000 Juden zu erwirken.

1940 wird Kollek Mitarbeiter in der politischen Abteilung der Jewish Agency und zehn Jahre später Botschafter Israels in den USA. 1952 wird er zum Generaldirektor (Staatssekretär) des israelischen Premierministers Ben Gurion ernannt.

1965 lässt er sich als Kandidat der »RAFI«-Partei zur Bürgermeisterwahl in Jerusalem aufstellen und gewinnt überraschend die Abstimmung. Kollek meistert das schwierige Amt mit viel Fingerspitzengefühl und Pragmatismus, er vertritt eine Politik der Mäßigung gegenüber den Arabern und sucht stets den Dialog. 1993 verliert er sein Bürgermeisteramt an den »Likud«-Kandidaten Ehud Olmert, seitdem widmet sich Kollek verstärkt der von ihm gegründeten »Jerusalem Foundation«.

Teddy Kollek stirbt am 2. Januar 2007 im Alter von 95 Jahren.

Auszeichnungen

2001 Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Wien
1998 Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland
1997 Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste in Salzburg


1996 Toleranzpreis der Stadt Münster
1996 B’nai B’rith Goldmedaille
1995 Associate Knight of the Order of St. John
1994 Variety-Humanitäts-Preis
1994 UN Menschenrechte Auszeichnung (UN Human Rights Award)
1993 Bayerischer Verdienstorden
1991 Ehrenring der Stadt Wien
1990 S.C. Davis Preis, Ethics and Public Center, Washington D.C.
1990 Moses-Mendelssohn-Preis, Berliner Senat
1990 Ben-Gurion-Preis
1989 Jabotinsky-Preis, New York
1989 Die amerikanische Freiheits-Medaille, Amerikanisches Jüdisches Komitee
1989 Bambi, Deutschland
1988 Israel-Preis
1988 Four Freedoms Award, in der Kategorie Religionsfreiheit, Roosevelt Stichting, Niederlande
1987 Umweltschutz Preis der Knesset
1987 Alon Preis, Midrasha L´Moreshet Alon
1986 Joseph Preis der „Anti-Defamation“-Liga
1986 Albert-Einstein-„Torch of Hope“-Friedenspreis
1985 Rothschild Medaille
1985 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels
1976 Romano-Guardini-Preis, Katholische Akademie München
1974 Henrietta Szold Preis, Hadassah-Organisation
1971 Bublick Preis, Hebräische Universität

Bibliographie

Jerusalem und ich. Memoiren

Mit Dov Goldstein. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-596-13864-7

Ein Leben für Jerusalem

Mit Amos Kollek. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-596-11269-9