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Friedenspreis 1975

Alfred Grosser

Der Stiftungsrat für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wählt den Publizisten, Soziologen und Politikwissenschaftler Alfred Grosser zum Träger des Friedenspreises 1975. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 12. Oktober 1975, in der Paulskirche zu Frankfurt am Main statt. Die Laudatio hält Paul Frank.

Begründung der Jury

Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein im Jahre 1975 Alfred Grosser.
Berufen zum Mittler, entschlossen, für den Frieden zu wirken und zu streiten, ein Sucher nach der Ethik und der Wahrheit, durchdrungen von der Notwendigkeit des nie abreißenden Dialogs zwischen Franzosen und Deutschen, zwischen Gläubigen und Ungläubigen, zwischen Europäern und den Menschen anderer Kontinente, wurde er zum überzeugenden, unbestechlichen Mahner.

Reden

Brücken zu schlagen zwischen den Völkern, zwischen der französischen und der deutschen Jugend, Freundschaft zu stiften zwischen den Nationen, die Grundlagen zu schaffen für Versöhnung und Frieden, das sind die Anliegen, für die dieser engagierte Europäer kämpft.

Rolf Keller - Grußwort
Rolf Keller
Grußwort des Vorstehers

Mittler zu sein zwischen Frankreich und Deutschland bedeutet, die ganze Last einer tragischen Geschichte von Mißverständnissen und versäumten Gelegenheiten zu akzeptieren und den Mut und die Hoffnung nicht zu verlieren.

Paul Frank - Laudatio auf Alfred Grosser
Paul Frank
Laudatio

Bis jetzt gibt es noch keine Anzeichen dafür, daß sich die Bürger in Angst von den demokratischen Parteien abwenden. Aber das ist kein genügender Grund, um unbesorgt zu sein.

Alfred Grosser - Dankesrede
Alfred Grosser
Dankesrede des Preisträgers

Chronik des Jahres 1975

+++ Der Vorsitzende der West-Berliner CDU, Peter Lorenz, wird Ende Februar 1975 von Terroristen der »Bewegung 2. Juni« entführt, die inhaftierte Gesinnungsgenossen freipressen wollen. Lorenz wird freigelassen, nachdem die Forderungen erfüllt werden. Die deutsche Botschaft in Stockholm wird Ende April durch Terroristen des »Kommandos Holger Meins« überfallen, um die Freilassung von 26 RAF-Häftlingen zu erwirken. Die Bundesregierung erfüllt die Forderungen dieses Mal nicht, woraufhin zwei Mitglieder der Auslandsvertretung getötet werden. Die restlichen Geiseln können von der Polizei befreit und die Terroristen festgenommen werden. +++


Die bisherige Handhabung des Extremisten-Beschlusses wird Ende Juli durch das Bundesverfassungsgericht dahingehend aufgehoben, dass ein Bewerber für den öffentlichen Dienst nicht allein wegen seiner Zugehörigkeit zu einer verfassungsfeindlichen Organisation abgelehnt werden darf. Ausschlaggebend soll vielmehr sein Verhalten sein. +++ Am 1. August wird die Schlussakte der »Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa« (KSZE) durch 35 Staaten unterzeichnet, deren Kernpunkte die souveräne Gleichheit aller Staaten, Unverletzbarkeit der Grenzen, friedliche Beilegung von Konflikten, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten und das Selbstbestimmungsrecht der Völker sind. +++ Der spanische Staatschef Francisco Franco, der das Land 36 Jahre lang als Diktator regiert hat, stirbt Ende November im Alter von 82 Jahren. +++ Jelena Bonner nimmt für ihren Mann Andrei Sacharow, den führenden Kopf der Bürger- und Menschenrechtsbewegung in der UdSSR, in Oslo den Friedensnobelpreis entgegen. Im darauffolgenden Jahr werden er und seine Frau festgenommen. +++ US-amerikanische Wissenschaftler geben bekannt, dass der Ozonmantel der Erde, der vor den krebserregenden UV-Strahlen schützt, gefährdet ist. Längerfristig kann die Zerstörung der Ozonschicht Klimaveränderungen herbeiführen. +++

Biographie Alfred Grosser

Der am 1. Februar 1925 in Frankfurt am Main geborene Alfred Grosser muss 1933 im Alter von acht Jahren mit seiner Familie Deutschland verlassen und nach Frankreich emigrieren. Nach dem Studium und dem Staatsexamen in Germanistik schließt er sich der französischen Widerstandsbewegung an.

Von 1950 bis 1951 ist Grosser stellvertretender Leiter des UNESCO-Büros in der Bundesrepublik. Anschließend nimmt er eine Dozentenstelle an der Sorbonne an. Ab 1956 ist Grosser hauptamtlicher Forschungsdirektor an der «Fondation nationale des sciences politiques» und Professor am «Institut d’etudes politiques» in Paris.


In zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen setzt er sich immer wieder für den Dialog zwischen den Nationen ein und nimmt unter anderem in Le Monde als Kolumnist öffentlich Stellung zu politischen Fragen.

Als Generalsekretär des »Französischen Komitees für den Austausch mit dem neuen Deutschland« gilt Alfred Grosser als Wegbereiter der deutsch-französischen Aussöhnung. Durch seinen Einsatz für eine friedliche Zweistaatenlösung im israelisch-palästinensischen Konflikt stößt er besonders in Israel immer wieder auf Kritik.

Alfred Grosser lebt heute in Paris.

Auszeichnungen

2018 Eugen-Kogon-Preis
2014 Henri-Nannen-Preis für das publizistische Lebenswerk
2013 Theodor-Wolff-Preis für das Lebenswerk
2013 Steiger Award


2012 Medienpreis des Deutsch-Französischen Journalistenpreises (DFJP)
2004 Abraham Geiger-Preis des Abraham-Geiger-Kollegs an der Universität Potsdam
2004  Wilhelm-Leuschner-Medaille
2003 Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband
2002 Humanismus-Preis des Deutschen Altphilologenverbands
2001 Großoffizier der Ehrenlegion
1998 Grand Prix de l’Académie des Sciences morales et politiques
1996 Schillerpreis der Stadt Mannheim
1995 Cicero Rednerpreis
1991 Offizier der Ehrenlegion
1986 Schärfste Klinge der Stadt Solingen
1986 Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main
1985 Großes Verdienstkreuz mit Stern
1978 Theodor-Heuss-Medaille
1975 Großes Verdienstkreuz
1975 Goethe-Medaille
1975 Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Bibliographie

Le Mensch. Die Ethik der Identitäten

J. H. W. Dietz Verlag, Bonn 2017, ISBN 9783801204990, Gebunden, 288 Seiten, 24.90 EUR

Die Freude und der Tod. Eine Lebensbilanz

Rowohlt E-Book, Reinbek 2011, ISBN 978-3-644-00991-2, 288 Seiten, 16.99 EUR

Wie anders sind die Deutschen?

C.H. Beck Verlag, München 2002, ISBN 9783406493287, Gebunden, 237 Seiten, 19.90 EUR