Der Stiftungsrat für den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wählt den Club of Rome zum Träger des Friedenspreises 1973. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 14. Oktober 1973, in der Paulskirche zu Frankfurt am Main statt. Die Laudatio hält Nello Celio. Den Preis nimmt der Gründer Aurelio Peccei entgegen.
Begründung der Jury
Der Börsenverein verleiht seinen Friedenspreis 1973 an den
Club of Rome.
Er ehrt damit eine kleine Gruppe von Persönlichkeiten aus über dreißig Nationen, die, ohne Macht und äußeres Mandat, sich zusammengefunden haben, um dem Frieden dadurch zu dienen, daß sie die Vorausstzung für den Frieden schaffen helfen.
Diese Gruppe hat den Mut und die geistige Energie zum Entwurf einer lebenswerten Zukunft, indem sie entschlossen den Bannkreis nationaler, ökonomischer, ideologischer Zwänge durchbricht; indem sie Wissenschaft und Wirtschaft anruft, mitzuwirken, um Unheil abzuwenden, das Wissenschaft und Wirtschfat mitverursacht haben; indem sie nüchtern die Grenzen einer endlichen Welt und ihrer Möglichkeiten zieht, und denen, die vollstrecken, Alternativen anbietet, innerhalb dieser Grenzen das Leben erträglich, verständlich, gerecht, also menschenwürdig zu machen.
Chronik des Jahres 1973
+++ Nachdem die USA keinen militärischen Sieg erringen konnten und fast 60 000 amerikanische Soldaten in Vietnam ihr Leben verloren, unterzeichnen im Januar 1973 Vertreter der USA, Nord- und Südvietnams ein Abkommen über die Beendigung des Krieges. +++ Nach heftigen Debatten verabschiedet der Bundestag im Mai den Grundlagenvertrag mit der DDR und das Gesetz über den Beitritt der BRD zu den Vereinten Nationen. +++ Leonid Breschnew besucht als erster sowjetischer Staatsmann die Bundesrepublik. +++ Willy Brandt besucht im Juni als erster deutscher Bundeskanzler Israel. +++ Im September werden BRD und DDR in die UNO aufgenommen. +++ In Chile wird der demokratisch gewählte sozialistische Präsident Salvador Allende am 11. September durch einen blutigen Putsch gestürzt. Eine Militärregierung unter General Pinochet übernimmt die Macht. Allende nimmt sich das Leben, als das Militär den Präsidentenpalast erstürmt. +++ Der Grenzkonflikt zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn eskaliert im Jom-Kippur-Krieg, genannt nach dem jüdischen Feiertag, an dem Ägypten und Syrien am 6. Oktober überraschend angreifen. Israel schlägt die Angreifer hinter die Linien von 1967 zurück. Auf der Ende November stattfindenden Arabischen Gipfelkonferenz wird erklärt, dass die Einstellung des offenen Kampfes kein Ende des Kampfes gegen Israel darstelle. Als Druckmittel erhöhen die erdölexportierenden arabischen Staaten die Rohölpreise um 17 Prozent. Sie verhängen ein Ölembargo gegen Staaten mit Israelfreundlicher Haltung und schränken ihre Ölförderungen um 25 Prozent ein. +++
"Biographie" The Club of Rome
Die Grundannahme dieses Verbandes von Politikern, Wissenschaftlern und Industriellen, der 1968 auf Anregung des italienischen Industriellen Aurelio Peccei gegründet worden war, ist, dass von der Schaffung weltweiter sozialer Gerechtigkeit, Harmonie zwischen Menschen und Umwelt und der Gewährleistung der Menschenrechte die Zukunft der Menschheit wesentlich abhängt.
Weltweite Bekanntheit erlangte der Club of Rome vor allem mit dem Buch „Die Grenzen des Wachstums“ (1972), das die globalen Rohstoffhaushalte untersucht..
Aus der Friedenspreisrede
»Ich fürchte, daß bei der hektischen Jagd zur Befriedigung immer größerer Konsumansprüche schließlich eine trostlose Verödung des geistigen Lebens immer weiterer Kreise der Wohlstandsgesellschaft und eine schneller zunehmende Auflösung unserer seelischen, religiösen und kulturellen Kräfte die Folge sein werden.
Wenn dann infolge zu schnellen und zu weitgehenden wirtschaftlichen Wachstums materielle Krisen, wenn auch kleinerer Dimension als die in ‚Die Grenzen des Wachstums’ angekündigten, hinzutreten sollten, wird eine seelisch ausgehöhlte Menschheit dem Chaos weltweiter brutalster Auseinandersetzungen nicht entgehen können.
Es ist meines Erachtens daher unabweisbar, schon jetzt in den reichen Ländern Wege zum Übergang vom wirtschaftlichen Wachstum zum dynamischen Gleichgewicht zu suchen. Wir haben in der Tat keine Sorge zu haben, daß wir mit diesem Übergang eine Ära geistiger und wirtschaftlicher Stagnation einleiten. Im Gegenteil, enorme wissenschaftliche Erkenntnisse, verbunden mit technischer und organisatorischer Kreativität, werden zusammen mit politischem Stehvermögen erforderlich sein, um überhaupt einen solchen Gleichgewichtszustand zu erreichen und dann zu erhalten.
Es wird in den kommenden Jahrzehnten sicherlich unbequemer und opferreicher sein, die dabei auftretenden technischen, wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben zu lösen, als spektakuläre technische Leistungen zu erbringen oder den bereits hohen materiellen Wohlstand einzelner Völker und Volks-Gruppen immer weiter zu steigern.« (Aurelio Peccei)
Laudatio Nello Celio